Als Desireé Rodriguez 1986 als 9-jährige von zwei Fischern aus dem Pazifik gerettet wird, ist sie die einzige Überlebende eines Schiffsunglücks, bei dem ihr Vater, ihre Mutter, ihre Tante, ihr Onkel und ihre Schwester vor ihren Augen sterben.
All die Jahre haben sich die Retter Paul Strasse und Mark Pisano, gefragt, was aus dem kleinen Mädchen geworden ist. Aber ihre Versuche, Desireé aufzuspüren, blieben erfolglos.
Dass es doch zu einer Wiedervereinigung kommt, liegt an dem Podcast „Friedmann Adventures“, in dem Philip Friedman mit Fischern eigentlich über Boote und Fischfang spricht – und in dem auch die beiden Retter ihre Geschichte erzählen. Ein Arbeitskollege von Desireè hört die Episode und es entsteht ein Plan zur Wiedervereinigung.
Desireé soll mit den Fischern gemeinsam in den Podcast kommen – und gibt sich dafür als Raquel aus. Sie spielt eine Übersetzerin, die die Geschichte der Fischer im spanischen TV erzählen wird.
Ab Minute 9:30 seht ihr den Moment, in dem die Retter begreifen, dass nicht Raquel, sondern Desireé vor ihnen sitzt. Und JETZT beginnt auch die eigentliche Geschichte, denn Desireé erzählt, was damals genau passiert ist.
Die Geschichte hat ALLES, was eine Geschichte haben muss. Mir haben sich mehrfach die Haare aufgestellt. Diese Geschichte betrifft mich, auch wenn ich die Beteiligten nie kennenlernen werde. Sie macht etwas mit mir, ich lerne viel und sie verändert mich.
Ich empfehle euch, das Video ab spätestens Minute 9:30 anzuschauen – und verspreche euch, dass sie sich auch in eurem Gedächtnis einbrennen wird.
Eindeutig: ja. Vor allem, da Desireé sehr präsentisch erzählt und ich als Zuhörer nicht weiß, was als nächstes passiert. Es ist, als wäre ich live während der Geschehnisse dabei.
Mehrere. Dass es überlebenswichtig ist, eine Rettungsweste zu tragen. Übergewicht bei Kälte im Wasser schützt. Es Sinn macht, in solch einer Situation beim Schiffswrack zu bleiben, weil das größer ist und einfacher auszumachen. Dass ich eine Leiche an ein Boot binden kann, damit sie nicht wegschwimmt. Dass ich nach extremer Unterkühlung vorsichtig sein muss, wenn ich die unterkühlte Person aufzuwärmen versuche – und schon warmes Wasser sich wie eine Verbrennung anfühlen kann. Auch der „Mind over matter“ Hinweis, den Desireé in einem anderen Zusammenhang gibt, scheint dieser Geschichte zu entspringen.
Ja – ich fiebere mit Desireé mit. Aber ich kann mich auch mit anderen Personen identifizieren. Mit dem Vater, der wegschwimmt. Der Tante, die versucht die kleine Desireé abzulenken und ihr ein Gefühl von Hoffnung zu vermitteln. Und natürlich spüre ich auch die Emotionen der Fischer, die sich 35 Jahre lang gefragt haben, was an diesem Tag genau passiert ist und was aus dem Mädchen geworden ist.
Es geht gar nicht anders. Ich stelle mir vor, was ich gemacht hätte. Und ich sehe meine Mutter, meine Tante sterben und meinen Onkel wegschwimmen.
Sowohl die praktischen Aspekte der Geschichte geben mir Rüstzeug. Als auch das Wissen, dass solch ein Unglück – physisch und psychisch – überlebbar ist.
Schon in den Verhaltensweisen „Der Vater schwimmt los, um Hilfe zu holen“ und „ Der Onkel gibt auf“ erlebe ich eine Rangordnung. Zugehörigkeit spüre ich besonders in den verbindenden, liebevollen Momenten zwischen der Tante und Desireé. Im Hinweis, die Mutter festzubinden, damit sie nicht wegschwimmt, sondern bei ihnen bleibt. Oder im halluzinierenden Lachen und der Vorstellung, unter warme Decken kriechen und Room Service bestellen zu können, wenn das Ganze vorbei ist.
In diesem Fall vielleicht eher: wie man trotz widriger Umstände überlebt. Natürlich musste Desireé über sich hinauswachsen, um diese Situation zu überleben. Aber an der Art, wie sie diese Geschichte erzählt – eher ablauf- und faktenorientiert – merke ich auch: da sind viele Dinge nicht verarbeitet.
Ich habe vorher nie wirklich darüber nachgedacht, wie solch ein Schiffsunglück im kleinen Rahmen vonstatten geht. Wir alle kennen die monumentalen Szenen aus dem Film Titanic. Aber fast wie in einem Bühnenstück erzählt zu bekommen, wie einer nach dem anderen seine Todesart wählt oder von ihr eingeholt wird, ist schockierend und faszinierend zugleich. Mich hat am meisten bewegt, dass auch im Tod der Charakter erkennbar ist.
Ich hatte Gänsehaut und Tränen in den Augen.
Insofern, als dass dieses spezielle Video ja von der Zusammenführung handelt und die Beteiligten sich endlich die Fragen stellen können, die sie immer bewegt haben. So bekommt das Ganze auch für mich eine Geschlossenheit.
Hier findet ihr die Story Checkliste zum Download – um sie in Zukunft immer parat zu haben, wenn ihr einen Stoff entwickelt oder die Qualität eines Textes, eines Films oder eines Podcasts gegenchecken wollt.
Download Story Checklist: hier klicken.